Die Auswahl von Sexspielzeug war noch nie größer als heute. In Schulnoten lässt sich das allerdings nur schwer ausdrücken, denn ein „befriedigend“ kann ja durchaus mit „sehr gut“ gleichzusetzen sein. Umfragen ergeben, dass die Mehrheit aller erwachsenen Deutschen bereits Erfahrungen mit Sexspielzeug hat – und ein sehr großer Teil davon möchte bei der Lusterfahrung im Alltag nicht mehr darauf verzichten. Angesichts der Fülle an Produkten ist das nicht verwunderlich. Und es lohnt sich, die Sache einmal näher zu beleuchten und zu schauen, was es neben dem klassisch fleischfarbenen Vibrator inzwischen auf dem Markt gibt.
Sexspielzeug wird interaktiv
Es ist kaum zu glauben, auf welch begrenztes Angebot von Sexspielzeug man noch vor dreißig oder vierzig Jahren zurückgreifen musste. Heute reicht die Produktpalette von Klassikern wie Dildo und Vibrator über die Liebeskugeln bis hin zum Buttplug. Unterschiede werden auch hinsichtlich des Materials und der Größe deutlich. Und: Häufig kann man die clevere Technik der kleinen Lustspender auf den ersten Blick nicht erkennen. Doch viele Sextoys kommen längst ohne Schalter und Drehregler aus, denn sie lassen sich per Bluetooth mit dem Smartphone oder einem Tablet verbinden. So kann man(n) und frau mittels App ein ganz unterschiedlich befriedigendes Programm genießen. Ob Vibrator, Masturbator, Penisring oder Buttplug: Das Spielzeug lässt sich oftmals mit verschiedenen Stoß- und Vibrationsprogrammen ansteuern. Sofern man anderen Personen die Freigabe dafür erteilt, kann man die Steuerung sogar aus der Hand geben. Diese kann auch von einem vollkommen anderen Ort aus erfolgen. Wer dem Partner beim Einkaufen im Supermarkt oder der Partnerin beim Spaziergang kribbelnde Gefühle bescheren möchte, hat nun zahlreiche Möglichkeiten. Das Potenzial von interaktiven Sextoys ist jedenfalls riesig, sodass sich das Angebot sicher noch erweitern wird. Du darfst gespannt sein.
Sexspielzeug, aus einer anderen Perspektive betrachtet
Keine Frage, die meisten Menschen kaufen Sexspielzeug vor allem aufgrund der lustspendenden Wirkung. Doch es gibt noch einen weiteren Blickwinkel: Die Heilkraft von Sexspielzeug wird zwar von allzu prüden, unaufgeklärten Menschen gerne weggelacht, ist aber durchaus vorhanden. Im Folgenden einige Beispiele.
- Die Penispumpe hilft Männern mit Erektionsstörungen dabei, das Glied zu versteifen. Sofern von ärztlicher Seite ausgeschlossen wurde, dass ein ernstzunehmendes gesundheitliches Problem hinter dem Phänomen der Potenzschwäche liegt, muss man sich also nicht mit Medikamenten oder vermeintlichen Wunderpillen aus dem Onlineshop behelfen.
- Der Penis- beziehungsweise Cockring ist ebenfalls ein erektionsförderndes Mittel. Es gibt sogar Ringe in unterschiedlichen Größen, die sich um Penis und Hoden legen lassen und dort für einen Blutstau sorgen. Das stärkt einerseits die Erektion, andererseits wirken die Ringe auf die Ausdauer beim Liebesspiel.
- Analplugs können ebenfalls eine positive Wirkung entfalten: Bei bestimmten Schmerzen im Bereich der Lendenwirbel können die Analdildos entkrampfend wirken und den Bedarf an Schmerzmitteln verringern oder gar überflüssig machen.
Für beide Geschlechter gilt: Die meisten Sextoys wirken sich bei ihrer Benutzung positiv auf die Muskulatur im Lendenbereich und im Beckenboden aus. Das wiederum stärkt die Potenz und das Gefühl beim Sex, erhöht die Fitness im Allgemeinen und wirkt sogar einer Blasenschwäche entgegen.
Sexspielzeug für Opfer sexualisierter Gewalt?
Noch einen anderen Ansatz verfolgt die Designerin Nienke Helder. Nachdem sie selbst zum Ofer sexualisierter Gewalt geworden war, wurde sie von dem Vorfall sowohl psychisch als auch physisch über lange Zeit verfolgt. Über einen langen Zeitraum war ihr alleine der Gedanke an Sex zuwider und Penetration bedeutete für sie echte Schmerzen: Die Muskulatur verkrampfte und was eigentlich lustbringend sein sollte, wurde für Nienke zur Qual. Auch verschiedene Ärzte konnten ihr nicht weiterhelfen. Aus dieser Erfahrung heraus entwickelte sie ihre Design-Serie „Sexual Healing“. Diese besteht aus verschiedenen Geräten, die nach dem Biofeedback-Prinzip funktionieren und sich im weitesten Sinne als Sexspielzeug definieren lassen. Ein Spiegel etwa soll helfen, sich mit der eigenen Vagina neu vertraut zu machen, eine Rosshaar-Bürste ermöglicht es der Frau, bestimmte Empfindungen bewusst herbeizuführen. Und auch eine Art Dildo gehört zu der Serie, die vielleicht schon bald in Produktion gehen wird. Allerdings hat sich Nienke aus naheliegenden Gründen für naturnahe, nicht-phallische Formen entschieden.
Natürlich ist sich die Niederländerin darüber im Klaren, dass ihre Objekte nur ein Baustein in der Trauma-Therapie sein können. Nienke selbst glaubt aber fest an ihre Produkte in Verbindung mit dem Dialog, vor allem innerhalb der Partnerschaft: „Ich glaube nicht, dass Sexual Healing die Lösung für alle ist, aber ich bin davon überzeugt, dass es vielen helfen kann. Und selbst diejenigen, denen es nicht hilft, können vielleicht dadurch leichter über sexuelle Übergriffe sprechen.“